Der Sternhimmel im Dezember 2023
Wenn am 22. Dezember um 4.27 Uhr die Sonne den niedrigsten Punkt ihrer scheinbaren Bahn um die Erde durchläuft, beginnt der Winter aus astronomischer Sicht. Gleichzeitig werden die Tage allmählich länger, weshalb man von der Wintersonnenwende spricht. Zwei Wochen später hat die Tageslänge um eine Viertelstunde zugenommen, zur Lichtmess, am 2. Februar, bereits um eine Stunde und zwanzig Minuten. Dies ist ein gewohnter Rhythmus, den man jährlich beobachtet. Da die Sonne im Dezember bis zu 63° unter dem Nordhorizont steht, sind die langen Nächte gut für astronomische Beobachtungen geeignet. Der Glanz des Himmels ist jetzt durch viele helle Sterne geprägt. Eine typische Sternenanordnung ist das Sternbild der Zwillinge, das am Abend in nordöstlicher Richtung leicht zu sehen ist.
Die beiden hellen Hauptsterne Kastor und Pollux sind selbst am aufgehellten Stadthimmel gut zu erkennen. Am nördlichen Firmament gibt es kein weiteres so auffälliges und nahe bei einander stehendes Sternenpaar. Kastor, der etwas lichtschwächere der beiden, strahlt weiß, während das Licht von Pollux gelblich gefärbt ist. In Wirklichkeit stehen die beiden Sterne jedoch nicht miteinander in Beziehung, sondern sind unterschiedlich weit von uns entfernt. Kastor befindet sich in 52 Lichtjahren und Pollux in 34 Lichtjahren Entfernung.
Im Teleskop zeigt sich Kastor als Doppelstern, allerdings ist seit einigen Jahrzehnten bekannt, dass Kastor ein komplexes Mehrfachsternensystem ist, das aus sechs Sternen besteht. Diese Sterne gruppieren sich in drei Sternenpaaren, die eng um einander kreisen, während sie ihren gemeinsamen Schwerpunkt auf stark elliptischen Bahnen umrunden. Die drei Sternenpaare selbst sind spektroskopische Doppelsterne, das heißt, sie lassen sich nur anhand von periodischen Veränderungen im Spektrum trennen. Pollux hingegen ist ein Einzelstern, der zu den Roten Riesensternen zählt und etwa achtfachen Sonnendurchmesser hat. Der Stern wird von einem Planeten mit etwa 3-facher Jupitermasse umlaufen und ist damit der hellste Stern unseres Himmels bei dem ein planetarer Begleiter bekannt ist.
In der assyrischen Kultur, die bis auf 4.000 Jahre zurückreicht, hat man die beiden auffälligen Sternenketten mit jeweils einem hellen Stern am Anfang einer Sternenkette als Zwillinge angesehen. Diese Vorstellung wurde auch von der griechischen Mythologie übernommen. Hier galten sie als unzertrennliche Brüder, wobei Pollux unsterblich und Kastor sterblich war. Als letzterer im Kampf tödlich verletzt wurde, wandte sich Pollux an Zeus und bat die eigene Unsterblichkeit mit ihm teilen zu dürfen. Sie wurden als Sternbild verewigt, wobei sie ein halbes Jahr im sichtbaren Teil des Himmels leuchten und das andere halbe Jahr in der Finsternis zubringen. Damit wurde die jahreszeitlich bedingte Sichtbarkeit interpretiert, die aufgrund der Zugehörigkeit zum Tierkreis entsteht. Da die Sonne vom 21. Juni bis zum 20. Juli diesen Bereich durchquert, ist die Figur im Sommerhalbjahr nicht sichtbar.
Nach dem Sternbild der Zwillinge ist der Sternschnuppenstrom der Geminiden benannt, der in der ersten Dezemberhälfte auftritt. Der Radiant der Meteore liegt in unmittelbarer Nähe von Kastor. Damit beschreibt man den Punkt am Himmel, von dem alle Vertreter dieses Stromes zu kommen scheinen. Die Geminiden machen sich in der Zeit vom 7. bis 17. Dezember bemerkbar, wobei die Maximalrate in den Abendstunden des 14.12. zu erwarten ist. Die Beobachtung verspricht günstige Bedingungen, da am 13.12. Neumond ist, und somit kein störendes Mondlicht auftritt. Häufig sind sogar ausgesprochen helle Sternschnuppen zu sehen, die mit 35 Kilometern pro Sekunde in die Atmosphäre rasen. Scherzhafterweise gibt es damit die Möglichkeit, den einen oder anderen Weihnachtswunsch einem himmlischen Boten entsprechend eines alten Volksglaubens mitzugeben.
Anblick zur Monatsmitte gegen 19.00 Uhr
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Jochen Engelmann